Warum stehst du morgens auf?
Diese einfache, aber tiefgründige Frage steht im Mittelpunkt von Ikigai, während wir die wahre Essenz dieses Konzepts im Leben der Menschen in Okinawa erkunden.
Aber ist die Frage ganz korrekt? Unsere Ikigai-Tests mit über 5.000 Teilnehmenden haben vielfältige Antworten ergeben, einige davon lauten:
"Weil ich muss."
"Ich muss arbeiten."
"Ich muss auf die Toilette gehen."
"Ich muss meine Kinder zur Schule bringen."
"Ich muss Geld verdienen."
“Ich muss mich um die Familie kümmern.”
Diese Antworten scheinen eher mit einer westlichen Interpretation von Ikigai in Einklang zu stehen, die oft mit dem beliebten Venn-Diagramm und den vier Fragen verbunden ist:
Worin bin ich gut?
Wofür schlägt mein Herz?
Was braucht die Welt?
Wofür kann ich bezahlt werden?
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass dieses Diagramm nicht dem wahren Ikigai entspricht (mehr hier). Es wurde vor etwa einem Jahrzehnt von dem spanischen Astrologen Andrés Zuzunaga erstellt und trug ursprünglich den Titel "Propósito", was "Zweck" bedeutet.
Ikigai besteht nicht aus vier Fragen
Wir müssen vorsichtig sein, unser Lebenssinn ausschließlich mit externen Bedürfnissen und finanziellen Gewinnen zu verknüpfen. Dieser Ansatz weicht von der authentischen japanischen Bedeutung von Ikigai ab.
Die wahre Essenz von Ikigai liegt darin, sich der Werte bewusst zu werden, die bereits in unserem Leben vorhanden sind. Praktisch können wir dies tun, in dem wir die Aufmerksamkeit für die ”kleinen Dinge” in unserem Leben erhöhen.
Ikigai lädt uns ein, Bedeutung in der Einfachheit unseres täglichen Daseins zu finden (Ikigai Momente).
Ikigai ermutigt uns, klein anzufangen und den Reichtum um uns herum zu entdecken.
Es drängt uns dazu, das zu schätzen, was bereits in unserem Leben vorhanden ist, anstatt nach mehr materiellem Besitz und äußeren Vergnügungen zu streben, da Studien zeigen, dass solche Bestrebungen keine dauerhafte Glückseligkeit garantieren.
Leidenschaft und Motivation entstehen aus Handlungen, nicht umgekehrt.
Die Bedeutung mit vier Fragen auf dem Papier zu finden, ist ein sehr westlicher Ansatz – wir finden Ikigai, dabei wäre es richtig: Ikigai findet uns. Mehr dazu auch in unserem Buch: Ikigai das Geheimnis der kleinen Dinge von Klaus Motoki Tonn.
Ikigai nach Mieko Kamiya
Wir können tiefgreifende Einsichten aus der Weisheit von Mieko Kamiya, der Begründerin der Ikigai-Psychologie, sowie aus den Lehren von Viktor Frankl, dem Wegbereiter der Existenzpsychologie und Logotherapie, gewinnen. Mieko Kamiya bezog sich hinsichtlich des Ikigai-Gefühls (“Ikigai-kan”) explizit auf den “Sinn des Sinns” von Viktor E. Frankl.
„Wir können unseren Sinn nur entdecken, wenn wir mit der Welt interagieren oder feststellen, was die Welt braucht.“
Mieko Kamiya und Viktor Frankl betonen, dass echte Motivation aus Handlungen entsteht, die im Einklang mit unseren innersten Werten stehen. Diese Handlungen führen uns zur Entdeckung und Entfaltung von Sinn und Bedeutung in unserem alltäglichen Leben. Indem wir unsere täglichen Aktivitäten und Bestrebungen auf unsere persönlichen Werte und Überzeugungen ausrichten, schaffen wir einen tiefen und erfüllenden Lebenssinn, der uns nachhaltig motiviert und inspiriert.
Klein anfangen: Was wir praktisch tun können
Die Antwort liegt in den simplen Handlungen:
Werde dir der Fülle bewusst, die bereits um uns herum existiert.
Schaffe Zeit und Raum (das japanische Konzept von "Ma" - darauf werden wir später näher eingehen), um die kleinen und bedeutenden Reichtümer in unserem Leben zu erkunden.
Kultiviere Dankbarkeit für die kleinen Dinge, die oft übersehen werden:
Ein Lächeln von einem Nachbarn.
Ein winziger Tropfen auf einem Blatt 🌿.
Eine geschätzte Erinnerung, die durch das Betrachten alter Fotografien ausgelöst wird.
Die Erkenntnis unserer Freiheit, Entscheidungen zu treffen.
„Alles kann einem Menschen genommen werden, aber eines nicht: die letzte menschliche Freiheit, in jeder gegebenen Situation seine Einstellung zu wählen, seinen eigenen Weg zu wählen.“
Die Wiederentdeckung des Werts der einfachsten Momente des Lebens kann uns mit einem tiefen Sinn für Zweck und Motivation erfüllen. Also, was können wir aktiv tun, um das Bewusstsein für Ikigai zu fördern?
🚶♂️ Mach einen Spaziergang und meditiere.
📝 Schreibe zehn oder mehr positive Erlebnisse der letzten Tage auf.
🧠 Erinnere dich an die kleinen Begegnungen, die dir vielleicht entfallen sind.
Beim Nachdenken über diese Erfahrungen stellen wir uns folgende Fragen:
Was enthüllen sie über uns?
Welche Lebenslektionen halten sie bereit?
Welche Qualitäten können wir aus diesen Begegnungen pflegen?
Ich wünsche dir Raum und Zeit, viele Ikigai-Momente zu entdecken.
