Kintsugi – Die Kunst, Brüche zu vergolden

Kintsugi – Die Kunst, Brüche zu vergolden

In einer stillen Ecke Kyotos haben wir den Kintsugi-Prozess gefilmt – die Kunst, Zerbrochenes mit Urushi-Lack und reinem Goldstaub zu reparieren. Das Video ist bewusst ohne Ton gehalten. Es spiegelt die Stille und Präsenz wider, die diese Praxis erfordert.

Kintsugi ist weit mehr als eine Reparaturtechnik. Es ist eine Lebenshaltung, die Brüche und Risse nicht versteckt, sondern sichtbar macht – als Teil der Geschichte. Gerade durch diese Zeichen des Gelebten wird das Objekt kostbarer. Es ist nicht trotz, sondern durch das Zerbrochensein schöner geworden.

Jeder Schritt im Kintsugi-Prozess ist eine Geste der Achtsamkeit:

  • Die Bruchstellen werden von Hand gereinigt.

  • Es folgt das behutsame Auftragen von Urushi – einem traditionellen Lack aus Baumharz.

  • Der Urushi-Lack ist flüssig sehr ätzend und muss mit großer Sorgfalt aufgetragen werden. Getrocknet ist er hart und ungefährlich.

  • Jede Schicht braucht Zeit zum Trocknen.

  • Die Gefässe stehen gemeinsam – jedes in seinem Prozess – im Schrank und warten auf den nächsten Schritt.

  • Erst zum Ende hin werden die reparierten Linien vorsichtig mit Gold bestäubt.

Diese ruhige, haptische Arbeit wird zu einem Spiegel für unsere innere Welt. Auch in unserem Leben hinterlassen Brüche Spuren. Doch wir können ihnen mit Freundlichkeit, Präsenz und Annahme begegnen – so wie in der Kintsugi-Praxis.

Aus unseren Kintsugi-Aufnahmen und Recherchen entstand die K.I.N.T.S.U.G.I.-Metapher – ein Orientierungsrahmen für persönliche Entwicklung. Es ist auch ein Bild für posttraumatisches Wachstum und den Umgang mit Herausforderungen im Leben:

  • K – Kindness and Care
    Mitfühlender Umgang mit dem, was verletzt wurde.

  • I – Investigation
    Die Bereitschaft, genau hinzusehen und zu verstehen.

  • N – Noticing what’s broken
    Das Wahrnehmen der Bruchstellen, ohne sie zu verdrängen.

  • T – Touche
    Die Bedeutung der Berührung – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

  • S – Silence and Solitude
    Die Kraft der Stille und des Alleinseins im Prozess der Heilung.

  • U – Utensils and Urushi
    Die Werkzeuge der Pflege – innerlich wie äußerlich.

  • G – Gold
    Das Sichtbarmachen der Erfahrung als etwas Wertvolles.

  • I – Intention
    Zukunft mit einer bewussten und wertebasierten Ausrichtung gestalten: Was ist nun möglich?

Die neuen Aufnahmen aus Kyoto zeigen diesen Prozess in seiner ursprünglichen Tiefe. Sie laden ein, nicht nur zuzuschauen, sondern sich selbst als Teil dieser Philosophie zu begreifen.

Vielleicht ist Kintsugi kein Ziel, sondern eine Haltung: mit unseren eigenen Brüchen würdevoll und achtsam umzugehen – und darin etwas Schönes zu entdecken.

Schreibt uns gerne, was der Film mit Euch macht 🙏

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Reset: Führung und Stille