Kintsugi: Die goldene Kunst, Beziehungen zu reparieren

Wenn eine Beziehung endet, kann es sich anfühlen, als würde die ganze Welt zusammenbrechen.

Kintsugi lehrt uns in einzigartiger Art und Weise, die Scherben anzuschauen, zu begutachten, sie aufzusammeln und mit Geduld und Achtsamkeit weiterzumachen.

Kintsugi (金継ぎ) ist die Kunst, Zerbrochenes mit Gold zu reparieren.

Die Philosophie dahinter besagt, dass die Risse und Narben nicht versteckt, sondern als Teil der Geschichte des Objekts angenommen werden sollten. Diese Philosophie kann uns helfen, mit unseren Verletzungen aus Beziehungen umzugehen.

Wenn eine Beziehung endet, ist es ganz natürlich, dass wir versuchen, unsere Verletzungen und unsere Narben zu verstecken. Verdrängung ist unser natürlicher Reflex. Doch wenn wir Gefühle wie Trauer, Wut und Enttäuschung fortlaufend unterdrücken, ist dies nicht gesund für uns.

Solange Sie Geheimnisse haben und Informationen unterdrücken, befinden Sie sich im Grunde genommen im Krieg mit sich selbst... Das Entscheidende ist, dass Sie sich erlauben zu wissen, was Sie wissen. Das erfordert eine enorme Menge an Mut.”
— Bessel A. van der Kolk, The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma

Verletzungen akzeptieren – Narben annehmen

Kintsugi lehrt uns, dass diese Narben eigentlich das sind, was uns einzigartig und besonders macht.

Anstatt zu versuchen, sie zu vergessen, sollten wir sie als Teil unserer Geschichte annehmen. Leichter gesagt, als getan. Was kann uns bei der Verarbeitung von Verletzungen aus Beziehungen helfen?

1. Akzeptieren, dass Verletzungen entstanden sind

Der erste Schritt im Kintsugi ist die Akzeptanz. Um weitergehen zu können, müssen wir akzeptieren, dass wir verletzt wurden. Wenn die Beziehung beendet wurde, müssen wir lernen, diese neue Situation zu akzeptieren. Dies kann ein schwieriger Prozess sein, jedoch ist er notwendig, um den Heilungsprozess zu beginnen. Akzeptanz bedeutet nicht Toleranz. Wenn wir entstandene Verletzungen annehmen, heißt dies nicht, dass wir den Auslöser billigen oder gutheißen. Wir akzeptieren damit nicht das Verhalten, das zur Verletzung geführt hat – sondern nur die Tatsache, dass wir verletzt sind. Dieses Gefühl können wir auch aussprechen. Bei intakten Beziehungen kann das vierte Mantra von Thich Nhat Hahn ein Vorbild sein, auch wenn uns dieses Überwindung kosten kann:

Liebling, ich leide. Bitte hilf mir.
— Thich Nhat Hahn

2. Sich Zeit nehmen, um zu trauern.

Wie bei jeder anderen Art von Verlust ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, um das Ende einer Beziehung zu betrauern. Wir müssen uns die Zeit zugestehen, damit wir alle aufkommenden Emotionen erleben können. Dies kann ein schwieriger und schmerzhafter Prozess sein, aber er ist für die Heilung unerlässlich.

3. Dem Schmerz Ausdruck verleihen

Bei der Kintsugi Kunst werden die Risse und Narben nicht versteckt, sondern mit Gold sichtbar gemacht.

Wenn wir versuchen, eine zerbrochene Beziehung zu reparieren, sollten wir nicht versuchen, den Schmerz zu vergessen oder so zu tun, als wäre er nie passiert. Wir können und dürfen ihn anerkennen und uns erlauben, ihn zu fühlen – ihn geradezu “anzufassen”.

Im Anschluss daran können wir beginnen, weitere Schritte zu gehen.

4. Reflektieren

Kintsugi ist ein Prozess mit vielen Unterbrechungen und Pausen. Die Reparaturobjekte müssen für eine längere Zeit in den Schrank und auf den nächsten Schritt “warten”. Dies erfordert viel Geduld. Mit dieser Hingabe und der entsprechenden Geduld können wir Räume für Reflexion und Lernen schaffen.

5. Annehmen

Schlussendlich lädt uns Kintsugi dazu ein, unsere Narben anzunehmen. Dazu gehört auch unsere eigene Unvollkommenheit. So wie jedes Stück zerbrochener Keramik einzigartig ist, so sind auch unsere eigenen Narben und Unvollkommenheiten einzigartig. Im Kintsugi werden diese Risse und Narben als etwas Schönes und Besonderes angesehen – etwas, das uns zu dem macht, was wir sind.

Wenn wir unsere eigene Unvollkommenheit akzeptieren, können wir die Unvollkommenheiten anderer besser annehmen. Sie sind – genauso wie wir – einzigartige Menschen.


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Kintsugi – Narben aus Gold: Drei Perspektiven